Freitag, 27. Oktober 2006

Erste Bank, S-Versicherung, Bwin

Zwei Sorgenkinder machen Erste Bank-Chef Andreas Treichl derzeit ziemlich zu schaffen: Das eine Problem hat ihm Martin Begsteiger beschert, eine schillernde Persönlichkeit, die bisher vor allem in der Kärntner Schickeria bekannt war. Weil Begsteiger mit Bwin-Aktien zockte und dabei auf die Nase fiel, streiten nun Erste Bank und Deutsche Bank, wer den daraus entstandenen Verlust von mindestens 60 bis 70 Mio. Euro - Gerüchte wollen von 120 Mio. Schaden wissen - schlucken muss.

In die "Causa Begsteiger" sind gleich mehrere Banken verwickelt: die Erste Bank bzw. ihre Internet-Tochter Etcetera, die Deutsche Bank Wien sowie die Salzburger Privatinvest, die allesamt jede Stellungnahme zu dem für sie peinlichen Fall ablehnen. Begsteiger bzw. seine Privatstiftung Gismo setzten ein zunächst höchst lukratives Ringelspiel in Gang: Es wurden Bwin-Aktien auf Pump gekauft und bei steigenden Kursen gleich wieder abgestoßen. Mit dem Verkaufserlös wurde der Kredit abgedeckt und sofort wieder frisches Geld aufgenommen, um neuerlich Bwin-Aktien zu kaufen.

Solange der Kurs des Zocker-Aktie Bwin, die im Jahr 2005 mit einem Kursplus von fast 500 Prozent der absolute High-Flyer an der Wiener Börse war, nach oben schoss, verdiente daran nicht nur Begsteiger prächtig, sondern auch die beteiligten Banken. Etcetera soll, so hört man, Begsteiger deshalb besonders günstige Konditionen gewährt haben.

Als die Bwin-Aktien in mehreren Wellen von 105 Euro auf knapp 13 Euro nach unten rasselten und die Deutsche Bank die Reißleine zog, brach das Kartenhaus zusammen. Der Wert der Aktien reichte nicht mehr aus, um den ausstehenden Kredit abzudecken. Die beteiligten Banken sitzen nun auf rund zwei Millionen Bwin-Aktien, die immer mehr an Wert verlieren. Vermutungen, wonach der Schaden 120 Mio. Euro ausmachen könnte, werden von der Erste Bank zurückgewiesen. Ob die Causa Begsteiger ein Fall für die Gerichte wird, ist offen.

Die Erste Bank hält trotz des Millionen-Problems daran fest, dass sie heuer wie erwartet um 20 Prozent mehr Gewinn einfahren wird als im Vorjahr (2005: Über 700 Mio. Euro). Ohne Bwin, so räumte Erste Bank-Chef Andreas Treichl kürzlich ein, hätte der Gewinn allerdings um 30 Prozent zugelegt.

Personelle Konsequenzen gab es sowohl bei Deutscher Bank als auch bei der Ersten. Dass Erste Bank-Vorstandsdirektor Christian Coreth bereits jetzt die Bank verlässt - sein Vertrag wäre noch bis Mitte 2007 gelaufen - könnte mit der Bwin-Affäre zu tun haben.

Ein weiteres Problem hat die Erste Bank mit der S-Versicherung. Die größte Lebensversicherung Österreichs, die zu 69 Prozent im Besitz der Erste Bank steht, leidet wie alle heimischen Banken und Versicherungen unter den gestiegenen Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt - und einer Gerüchtewelle. Im Zuge steigender Zinsen werden gekaufte Anleihen weniger wert. In Summe hat die Versicherung rund 6,8 Mrd. Euro veranlagt. Deren Wert hat sich im ersten Halbjahr 2006 laut Erste Bank um rund 150 Mio. Euro reduziert. Seither hat sich die Zinssituation wieder etwas zu Gunsten der S-Versicherung gedreht.

Für die Bilanz der S-Versicherung sind diese Wertschwankungen vorerst nicht von Belang, sie verringern aber das Eigenkapital der Erste Bank. Gerüchte und anonyme Schreiben wollen aber von massiven Problemen, bei der S-Versicherung wissen, der Abwertungsbedarf soll bis zu 600 Mio. Euro betragen. Die Spekulationen könnten mit dem Vorstandswechsel im Vorjahr und der neuen Geschäftspolitik zusammenhängen. Einige Mitarbeiter wollten das nicht mittragen und streuten deshalb Gerüchte.

via Chistine Domforth, "Die Presse"

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